Frage der Woche: Muss ich Angst vor dem Alter haben?

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Muss ich Angst vor dem Alter haben? Foto: AleksandarNakic / iStock
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Die Mondfinsternis weckt uralte Ängst.

Jede Woche beantwortet Erich Bauer eine Astro-Frage der Woche. Dieses Mal: Muss ich Angst vor dem Alter haben?

Die Woche beginnt mit einer Mondfinsternis. Obwohl jeder Mensch heutzutage weiß, dass so eine Finsternis ein zu hundert Prozent erklärbares astronomisches Phänomen ist, steckt im Untergrund menschlichen Seins die uralte Angst, diese Finsternis wäre ein schlimmes Omen. Jetzt, wo die Sonne in der Waage steht und damit die zweite und dunkle Seite des Jahres begonnen hat, lautet die Angst: „Wie wird das Alter?“ Denn mit der zweiten Jahreshälfte wird im menschlichen Leben gerne die zweite Hälfte des Lebens verbunden.

Es existieren Kulturen, in denen das Alter einen Gipfel, einen Höhepunkt des Lebens darstellt und mit Weisheit und Lebenserfahrung verbunden wird. Auch in unseren Kulturkreisen existierte noch vor vielleicht 100 Jahren ein ausgesprochen positives Verhältnis zum Alter.

Früher wurden ältere Menschen nicht in irgendwelche Sonderbehausungen abgeschoben, sondern lebten in der Gemeinschaft der Familie , und es kam ihnen ein hoher Status zu. Es wurden keine wichtigen Entscheidungen getroffen, ohne „die Ältesten“ zuerst um Rat zu fragen.

Warum ist das Alter nicht mehr so angesehen?

Warum dem Alter in unserer Zeit eine immer negativere Bedeutung zukommt, hat sicher viele Gründe. Der wichtigste ist, dass unsere Gesellschaft und Kultur ausgesprochen leistungsorientiert ist. Bei uns zählt, wer etwas leistet und er­bringt.

Ganz oben in der Werte­hierarchie steht ein starkes Ich , und es wird daran gemessen, wie viel es verdient, besitzt, leistet, andere überragt und an gesellschaftlichen Entscheidungen teilnimmt. In diesen Rahmen passt eine Frau oder ein Mann zwischen 30 und 50. In diesem Alter können hohe Leistungswerte abgerufen werden.

Wird man aber älter, verlieren diese Werte an Bedeutung – zumindest für jemanden, der sich nicht völlig abgeschottet hat gegen den natürlichen Lauf des Lebens.

Mit dem Alter entstehen andere Interessen. Man beginnt, die Ideologie des ewig potenten Ichs zu durchschauen, auch, weil man weiß, wie null und nichtig es in Wirklichkeit ist. Man kann ja nichts mitnehmen, wenn man einmal geht.

Mit anderen Worten: Das Alter beginnt, an der Glorifizierung des Egos zu zweifeln, es zu hinterfragen. Seinsfragen treten in den Vordergrund, Themen, die das ganze Leben und damit auch Alter und Tod beinhalten, sind angesagt.

Aber für Derartiges ist in unserer Gesellschaft eben kein Platz, und so ziehen sich ältere Menschen immer mehr zurück in eine innere Einsamkeit, in die sie niemand begleitet.

Angst vor dem Alter...?

Angst vor dem Alter ist daher eigentlich völlig falsch. Es müsste heißen: Angst davor, wie das Alter in unserer Gesellschaft behandelt wird.

Daher ist es unumgänglich, dass jeder Mensch, der einmal 60 oder noch älter geworden ist, mit aller Hartnäckigkeit und äußerst bewusst den „Weg des Älterwerdens” einschlägt.

Ich finde, es ist auch nicht richtig, wenn man einmal auf die 70 zugeht, so zu tun, als gäbe es das Alter gar nicht. Der Standardsatz in diesem Zusammenhang lautet: „Innerlich bin ich jung!“

Das ist zwar richtig, aber kann auch dazu führen, dass man das Alter verdrängt. Nein! Das Alter hat wundervolle Qualitäten. Die schönste lautet, dass man dem eigentlichen Kern, seiner Seele immer näherkommt. Damit ist das Leben erfüllt. Dann kann man auch loslassen, alles, was einen sonst auf der Erde hält.

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