Während Anja den Markusplatz schon im Internet wiedererkannte – "das heißt, ich muss zur großen Pest um 1630 dort gelebt haben, denn früher sah der Platz anders aus" – entdeckt sie manches erst bei ihrem aktuellen Venedig-Trip: "Gestern sah ich zufälli
Während Anja den Markusplatz schon im Internet wiedererkannte – "das heißt, ich muss zur großen Pest um 1630 dort gelebt haben, denn früher sah der Platz anders aus" – entdeckt sie manches erst bei ihrem aktuellen Venedig-Trip: "Gestern sah ich zufällig die Kirche, in der ich so lange betete. Wahnsinn, dass die noch steht! Heute sitzt darin eine Fakultät der Uni", schüttelt sie verblüfft den Kopf. Bis morgen Anjas Flugzeug zurückgeht, wird sie wohl noch manch erstaunliche Entdeckung machen …
Anjas Kaffee ist über ihrer Erzählung kalt geworden. Sie trinkt ihn trotzdem aus: "10,50 Euro für einen Cappuccino, den lasse ich nicht stehen", schmunzelt sie augenzwinkernd. Man merkt, das jetzige Leben hat sie wieder – doch ihr voriges Spuren hinterlassen. "Ich bin Krankenschwester. Das ist mein Traumberuf, schon seit ich ein kleines Mädchen war", gibt die junge Frau zu. "Der Wille, Menschen zu helfen, zu heilen; das ist einfach ganz tief in mir drin, das ist meine Berufung." Eine Aufgabe, die sie aus ihrem früheren Leben ins aktuelle übertragen hat? "Ich denke schon, ja", antwortet sie nachdenklich.
Wir zahlen und schlendern durch die pittoreske Stadt. Plötzlich schießt fiepsend eine Ratte hinter einer Mülltonne hervor. Anja lacht: "Früher wäre ich jetzt schreiend davongelaufen. Ich hatte immer Panik vor Ratten."
Ob das damit zu tun hatte, dass die Tiere als Überträger der Pest gelten, möchten wir wissen. Anja zuckt mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Aber seit der Rückführung ist die Angst wie weggeblasen", erzählt sie, selbst ganz erstaunt.
Dann lächelt sie: "Wenn ich zu Hause bin, werde ich meiner Tochter eine kaufen. Sie wünscht sich so sehr ein Haustier. Und Ratten sind doch eigentlich ganz süß, nicht?"