Darf man an Wunder glauben?
Als Kind erlebt man die ganze Welt als einziges Wunder, jeden Tag wieder macht man aufregende Entdeckungen. Als Erwachsener tut man sich mit dem Begriff Wunder schon ein bisschen schwerer, man möchte schließlich nicht als naiv oder gefühlsduselig hingestellt werden.
Gibt es das denn wirklich, ein Wunder? In dieser Woche verbindet sich die Venus mit dem Mondknoten, das könnte auf der persönlichen Ebene sogar ein kleines Wunder bewirken.
Ja.
Ein ganz klares Ja. Ist das Leben an sich nicht schon ein Wunder? Und ist es nicht ein Wunder, dass jedes Jahr um diese Zeit die Wälder in einen Farbrausch verfallen, dass auf jeden Winter wieder ein Frühling folgt, dass man durch das Wunder der Liebe sein eigenes Kind in den Armen hält?
Nun, vielleicht sollte man erst einmal klären, was man unter einem Wunder versteht: Laut Definition ist es ein Ereignis, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann, da es entweder den Naturgesetzen oder der allgemeinen Erfahrung widerspricht, so dass es großes Erstaunen hervorruft.
So weit, so gut, aber das trifft es nicht ganz. Nehmen wir einmal das Beispiel Liebe. Psychologen und Neurologen können vielleicht erklären, welche biochemischen Vorgänge sich im Körper abspielen, wenn sich zwei Menschen begegnen und sich voneinander angezogen fühlen. Das hat aber mit der Liebe an sich nichts zu tun, diesem wunderbaren, wundervollen Gefühl, das zwei Seelen miteinander verbindet, meist für lange Zeit, manchmal sogar für die Ewigkeit.
Den Begriff Wunder kann man also ruhig ein bisschen weiter fassen, man denke nur an Schlagzeilen wie diese: „Wie durch ein Wunder hat das Kind den Sturz überlebt“ oder „Wie durch ein Wunder kam ein neuer Investor daher und die Arbeitsplätze konnten gerettet werden“.
Natürlich gibt es für solche Geschichten eine Erklärung, doch trotzdem ist es eine geradezu magische Erfahrung, wenn genau in dem Augenblick, in dem man schon alle Hoffnung fahren lässt, doch noch etwas Gutes passiert. Oder wenn man einen so ungeheuren und lebensverändernden „Zufall“ erlebt, dass man seine Skepsis aufgibt und dem Schicksal für dieses Wunder dankt.
In dieser Woche verbindet sich die Venus im Skorpion mit dem nördlichen Mondknoten im Zeichen Jungfrau. Was unter diesem Einfluss geschieht, hat meist mit Karma zu tun. Vielleicht macht man eine schicksalshafte Bekanntschaft, vielleicht kann auch ein uralter Konflikt endlich in Liebe aufgelöst werden.
Auf alle Fälle ist man achtsamer, hat ein besseres Gespür für Wunder. Wer sich ein Wunder in seinem Leben wünscht, muss offen dafür sein, muss im Vertrauen bleiben. Und man muss sich dann auch dankbar dafür zeigen, denn Dankbarkeit ist der beste Weg, um weitere Wunder anzuziehen.
Nein.
Da mag Katja Ebstein noch so schön schmettern: „Wunder gibt es immer wieder“, die Wissenschaft hat sie damit nicht überzeugt. Wo kämen wir denn auch hin, wenn da ganz ohne plausible Erklärung Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden und das nicht zigfach bei Versuchen wiederholt werden könnte...
Da gibt es zum Beispiel Luigi Garlaschelli, Chemieprofessor aus Italien. Er hat es sich neben seiner beruflichen Tätigkeit zur Aufgabe gemacht, sogenannte Wunder zu entzaubern. So untersuchte er das Grabtuch von Turin und wagte ein aufwendiges Experiment mit dem Ergebnis: Ja, das Tuch hätte man mit simplen Methoden, die schon im Mittelalter bekannt waren, ohne weiteres fälschen können. Einen echten Nachweis aber, dass es sich bei diesem Tuch um eine Fälschung handelt, haben die vielen Untersuchungen, die mit diesem Stück Stoff betrieben wurden, bis heute nicht erbracht.
Oder sehen wir mal in den französischen Wallfahrtsort Lourdes. Tausende von Gläubigen pilgern dorthin mit dem verzweifelten Wunsch, endlich geheilt zu werden. Vor Ort trifft sich jedes Jahr ein internationales Komitee aus Ärzten und Professoren und geht die Akten durch, in denen die unzähligen Berichte von Heilungen festgehalten werden.
Ziel des Komitees ist natürlich nicht, ein Wunder anzuerkennen, das obliegt der Kirche. Es geht eher darum, nach dem Studium der Akten und unter Berücksichtigung neuester medizinischer Erkenntnisse festzuhalten, wenn eine Heilung „nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft unerklärlich“ ist.
69 Fälle gibt es mittlerweile, bei denen man von offiziell anerkannten Wunderheilungen spricht. Handelt es sich wirklich um ein Wunder oder aktiviert die innere Sicherheit der Gläubigen dermaßen die Selbstheilungskräfte, dass es zu Spontanheilungen kommt? Darüber kann sich jeder seine eigene Meinung bilden.
Tatsache ist, es gibt auch im 21. Jahrhundert noch vieles, was sich durch die Wissenschaft nicht erklären lässt. Und: Wer bei Problemen lieber auf ein Wunder hofft, statt alles Menschenmögliche zu unternehmen, handelt fahrlässig. Wer aber gar nicht erst an Wunder glaubt, nimmt sich die Möglichkeit, jemals eines zu erleben.