Die Midlife-Crisis aus astrologischer Sicht
Der Ruf der Midlife-Crisis ist nicht gerade der Beste! Darum nennen wir die turbulente Phase in der Lebensmitte auch gerne „Krise“ und verleihen ihr damit erst recht einen negativen Anstrich. Doch ist das gerechtfertigt?
Das Erschreckende an der Midlife-Crisis ist, dass sie scheinbar aus heiterem Himmel über uns hereinbricht. Gestern war noch alles in Ordnung, der Job lief gut, und das Reihenhausidyll stimmte. Und heute – plötzlich Zweifel, Unzufriedenheit und unerwartete, schockierende Ereignisse, die wie ein Blitzschlag unsere heile Welt in Trümmer legen.
Doch ganz so unerwartet kommt die Krise nicht. Zumindest nicht für Astrologen, die die Ursache dafür im Zyklus von Uranus erkennen. Uranus braucht für einen Umlauf durch alle Tierkreiszeichen ca. 84 Jahre. Das bedeutet, wer dieses Alter erreicht, wird erleben, wie sich der Geburts- und Transit-Uranus begegnen und eine Konjunktion bilden. Und das bedeutet auch, dass ein halber Zyklus zwischen dem 40. und 44. Lebensjahr zur Wirkung kommt. Dann stehen sich Geburts- und Transit-Uranus in Opposition, also in Spannung, gegenüber.
Uranus ist der Planet der Freiheit, Individualität, Originalität und Rebellion. Er ist dafür bekannt, Umbrüche und plötzliche Veränderungen zu bewirken. Mit ihm kann es zu unerklärlichen Meinungswechseln und unerwarteten Wesensveränderungen kommen. Der innere Rebell in jedem Menschen erwacht, und der pfeift ganz einfach auf Verbindlichkeiten und mögliche Verpflichtungen. Uranus erzeugt eine hohe, sehr unruhige Energie, die vor allem das Nervensystem wie unter Strom vibrieren lässt. Mit dieser innerkörperlichen Spannung kann man sich einfach nicht mehr ruhig halten. Selbst in banalen Situationen neigt man zu voreiligen und unüberlegten Handlungen, weil man einfach das Gefühl hat, sonst zu explodieren.
Doch der Sinn, der hinter diesem Verhalten steckt, ist nicht blinde Zerstörungswut. Vielmehr geht es Uranus darum, das Individuum aus seinen selbstgeschaffenen Fesseln zu befreien. Das umso stärker, je mehr sich der Einzelne von seiner eigenen Individualität entfernt hat.
Uranus fragt: „Wo stehst du?“
Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich jeder, damit sie funktioniert, an gewisse Regeln und Gesetze halten muss. Doch oft ist es so, dass wir alle durch unsere Kindheit, Jugend, Schul- und Ausbildungszeit eine erzwungene Anpassung durchlaufen haben. Wer erfolgreich sein Leben in einer Gesellschaft führen möchte, muss sich zwangsläufig unterordnen, oder er wird ausgegrenzt. Verständlicherweise entscheiden sich die wenigsten für ein Leben am Rande der Gesellschaft, das vielleicht mehr persönliche Freiheit lässt, aber dafür auch einen härteren Lebenskampf beinhaltet. Die meisten beugen sich den Zwängen, und viele machen das so gut, dass sie gar nicht mehr merken, wenn sie dafür ihre Persönlichkeit verbiegen müssen.
Man schafft sich seine Welt, baut sich unter den gegebenen Umständen etwas auf, und dann – kommt dieser Uranus! Und der ist leider kein großer Freund von Kompromissen. Gerade hat man sich beruflich etabliert, hat einen netten Freundes- und Bekanntenkreis geschaffen, womöglich Kinder großgezogen, und eigentlich möchte man jetzt die Früchte seiner Bemühungen ernten. Und plötzlich taucht dieser „Krawallmacher“ auf und will alles anders machen. Fragt einen, wo man eigentlich selbst in diesem Leben geblieben ist.
Wer jetzt aufmerksam mit sich selbst umgeht, wird erkennen, dass es dabei nicht um irgendeine Krise geht, die man irgendwie überleben muss, sondern dass sich hier eine ganz große Chance bietet, sich selbst und das Leben noch einmal neu zu begreifen. Denn gerade um den 40. Geburtstag wird vielen klar, dass sie nicht mehr ganz jung sind. Man ist zwar noch nicht alt, aber man spürt schon den Konkurrenzdruck der nachwachsenden Generation. Alter wird plötzlich ein Thema! Die uranischen Stürme der Midlife-Crisis im Job können ganze Arbeit leisten. Oft ist der plötzlich in Gefahr, der Partner geht fremd, oder die Kinder sind aus dem Haus, und damit ist die bisher wichtigste Lebensaufgabe fort.
Viele Frauen merken erst jetzt, dass sie nicht nur in ihrer Funktion als Ehefrau, Mutter oder Kollegin gesehen werden wollen. Männer wollen sich oft noch einmal austesten, bevor das Alter zuschlägt, nehmen sich eine jüngere Frau und kaufen sich einen schicken Sportwagen. Bei manchen von ihnen hat man das Gefühl, als müssten sie nun eine Art Spätpubertät durchmachen.
Nicht Krise, sondern Chance
Doch es muss glücklicherweise nicht immer alles so turbulent verlaufen. Es liegt ein Stück weit an uns selbst, wie wir mit schwierigen Lebensphasen umgehen.
Die uranische Krise in der Lebensmitte ist eine Aufgabe, die eine Herausforderung für uns bereithält. Die Aufforderung, mehr wir selbst zu sein, unsere Individualität zu entwickeln und uns vom angepassten Ja-Sager zu einer Persönlichkeit mit Ecken und Kanten zu entwickeln, die selbstbestimmt ihr Leben lebt. Und gerade vor den Ecken und Kanten sollten wir keine Angst haben. Denn das sind oft die Eigenschaften, die andere am meisten an uns schätzen. Uranus stellt uns den nötigen Schwung, die Kreativität, den Mut und die wichtige Selbstliebe zur Verfügung, die wir brauchen, um die originelle und unvergleichliche Persönlichkeit in uns zu entdecken, die wir eigentlich schon immer waren. Vielleicht wäre es daher angebracht, nicht mehr von der Midlife-Crisis zu sprechen, sondern eher von der Midlife-Chance.