Sind Amulette wirklich Glücksbringer?
Humbug. Geschäftemacherei. Fauler Zauber. Sind wir Menschen des 21. Jahrhunderts tatsächlich darüber erhaben, an die Magie zu glauben, an die Wirkung von Talismanen und Amuletten? Oder ist es vielleicht umgekehrt, die Wirkung ist da, ob wir davon Gebrauch machen oder nicht? Darüber kann sich in dieser Woche jeder seine eigenen Gedanken machen. Mars und Neptun verbinden sich und zaubern eine wahrhaft magische Stimmung.
Ja.
Natürlich. Wetten, dass Sie so ein Amulett im Alltag schon zigmal gesehen haben und zwar in einem ganz offiziellen Zusammenhang? Auf Türen, Schildern, Briefköpfen... die Rede ist vom Äskulapstab, um den sich eine Schlange windet. Es ist traditionell das Symbol von Medizinern und Heilpraktikern.
Damit verbunden sind das berufliche Ethos und der hohe Anspruch, den sich Ärzte und Pharmazeuten bei ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit auf die Fahne schreiben. Äskulap bzw. Asklepios war in der griechischen Mythologie der Gott der Heilung, die Schlange galt im Altertum als mystisches Wesen und als Symbol der Heilkunde. Der Stab selbst soll magische Kräfte haben, er ist die Verbindung zwischen Himmel und Erde.
In der Tat müssen auch die Mediziner der Gegenwart oft genug Entscheidungen treffen, die für den Patienten Leben oder Tod bedeuten können. Sehen wir den Äskulapstab irgendwo, sind wir beruhigt, denn wir nehmen ganz selbstverständlich an, dass wir uns mit unserem gesundheitlichen Problem in guten Händen befinden, weil da jemand seinen Beruf ernst nimmt.
Es soll also niemand behaupten, Amulette hätten keine Wirkung – auch wenn die meisten Mediziner vermutlich nicht gerade viel mit Magie anfangen können. Nehmen wir mal ein anderes Beispiel, es gibt eine Gruppe von Menschen, die auf Rituale und Glücksbringer geradezu schwört: Sportler.
Der eine zieht immer zuerst den linken Schlittschuh an, der andere trägt bei einem wichtigen Spiel immer die gleiche Glücksunterhose, wieder andere würden nie ohne ihren Talisman beim Wettkampf antreten. An den olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi nahmen auch Bobfahrer aus der sächsischen Stadt Riesa teil. Die Oberbürgermeisterin der Stadt schenkte den Sportlern zum Abschied gar lila Voodoo-Puppen. Ihre Empfehlung lautete, die Bobfahrer sollten mögliche Probleme auf einen Zettel schreiben und den Zettel auf die Puppe pieksen, dann würde das Problem wie durch Zauberhand verschwinden.
Ja, wir leben nicht mehr im Mittelalter, wir wissen mittlerweile, dass die Erde keine Scheibe und eine Sonnenfinsternis keine Bestrafung der Götter ist. Und trotzdem greifen wir noch zu Amuletten und Talismanen. Warum? Weil es wirkt. Und das ist doch im Grunde alles, was zählt.
Nein.
Wenn man es genau nimmt, gibt es tatsächlich ein Nein, das ist aber nur eine Frage der Begriffsbestimmung. Denn eigentlich ist es eher der Talisman, dem man eine Glück bringende Wirkung zuschreibt. Das Amulett hat diese Wirkung zwar auch – von der Stärkung der Lebenskräfte bis zur gesteigerten Anziehung in der Liebe – es wirkt aber eher passiv und wird deshalb meist zum Schutz vor negativen Energien eingesetzt. Ein Talisman kann schon mal für den Besitzer an Bedeutung verlieren, wenn er seinen Zweck erfüllt hat, ein Amulett wirkt immer.
Bereits in der Frühgeschichte hängten sich die Menschen die Zähne und Krallen der von ihnen erlegten Tiere um, in der Hoffnung, deren Kraft würde auf sie übergehen. Vom Medizinbeutel der Indianer über die Hand der Fatima im islamischen Raum bis zu den Lochmünzen der Chinesen – in allen Kulturen und Religionen kennt man die Wirkung von Amuletten und Talismanen. Beides sind Träger von Symbolen, und Symbole sind die Sprache, die unser Unterbewusstsein versteht.
Die Kräfte wirken auf einer geistig-seelischen Ebene, auch wenn wir das nicht genau beziffern oder messen könnten. Amulette werden im Gegensatz zum Talisman meist am Körper getragen, die Wirkung ist deshalb besonders intensiv. Die positiven Schwingungen, die vom Unterbewusstsein ausgehen, wirken natürlich auch auf den Körper ein, heilend und harmonisierend.
Man kann die Wirkung eines Amuletts noch verstärken, indem man es zugeschnitten auf eine bestimmte Person herstellt, oder man reinigt es, lädt es mit neuen Energien auf oder weiht es. Für Menschen, die damit so gar nichts anfangen können, ist es ein weltfremder Zauber, ein beliebiger Schmuckanhänger. Sie werden sich innerlich dagegen sperren. Und doch wird auch hier eine gewisse Wirkung eintreten, selbst wenn sie es mit dem Amulett nie in Verbindung bringen würden.
Einer wissenschaftlichen Untersuchung würde das vermutlich nicht standhalten. Doch das ist auch nicht nötig, das Wissen um die magischen Kräfte ist im kollektiven Unterbewusstsein der Menschheit verankert und wird deshalb auch immer aktuell bleiben, ob man daran glaubt oder nicht.